Geben und Nehmen mögen sich in Deinem Leben immer die Waage halten!

Wie steht es mit dieser Lebensweisheit?


14.02.2015


Als meine Tochter vor 20 Jahren getauft wurde, hatten wir alle Gäste eingeladen, einen Wunsch für das Taufkind aufzuschreiben.

Unter den vielen Wünschen war auch der ihres Großvaters:


„Geben und Nehmen mögen sich in deinem Leben immer die Waage halten.“


Ich hatte damals ein wenig Probleme damit, diesen Wunsch zu verstehen bzw. überhaupt zu akzeptieren. Gleichzeitig eröffnete er mir aber auch einen Einblick in die Denkweise bzw. Logik meines Vaters und vieler anderer Menschen (vielleicht sogar meine eigene).

Ich selbst hatte bis dahin eher nach dem Motto gelebt:

Ich gebe lieber, als dass mir genommen wird.

Das drückte ich für mich persönlich allerdings etwas anders aus:

Ich gebe, ich gebe gerne, denn man kann sich nicht vergeben (mit dem geben vertun), was für mich damals bedeutete, man kann nicht zu viel geben, man kann nicht vergeblich geben.

Aber , wenn ich mir diese Worte jetzt noch einmal anschaue, muss ich innehalten, ja staunen.

Was habe ich damals gedacht??


Man kann sich nicht vergeben“??


Deshalb gab ich lieber „freiwillig“ alles von mir.


Man kann sich nicht vergeben, das bedeutet so viel wie:

Ich bleibe immer in der Schuld gefangen. Ich selbst habe keine Chance, mir durch Vergebung die Freiheit zu schenken.


Was aber hat die Schuld mit dem Geben und Nehmen zu tun?


Sehr viel, wie ich heute erkenne.


Mein Vater hat es mit diesen Wunsch damals sehr gut gemeint. Er hatte erkannt, vielleicht auch erfahren, dass das Nehmen immer mit Schuld verbunden ist. Nehme ich etwas von jemandem, dann stehe ich in dessen Schuld. Es sei denn, und deshalb auch dieser Wunsch damals, ich gebe in gleichem Maße zurück. Wenn sich Geben und Nehmen die Waage halten, nur dann baut sich keine Schuld auf.

Dies ist eine Lebensphilosophie, die ich bei den meisten Menschen antreffe:

Geben und Nehmen müssen sich die Waage halten.


Nehmen ohne zu geben ist gefährlich, erzeugt Schuld.


Allerdings macht das Leben nach diesem Motto nicht wirklich Spaß.


Es erzeugt einen permanenten Zwang zum Ausgleich:


Man könnte eine solche Lebenshaltung mit einem Girokonto vergleichen.

Auch das bewegt sich ständig zwischen Soll und Haben hin und her, der Kontoinhaber ist dauernd darum bemüht, für einen Ausgleich zu sorgen.

Trotzdem scheint man seine Schulden nie los zu werden.


Dieses ständige Bemühen um Ausgleich ist zwar sehr anstrengend, aber es führt nur selten zum Erfolg.

Es bleibt ein dauernder Kampf.


Für die zwischenmenschlichen Beziehungen hat diese Logik des Gebens und Nehmens gravierende Auswirkungen.

Nahezu alle Beziehungen zwischen den Menschen richten sich daran aus, ob man auch fähig ist, für einen Ausgleich zu sorgen.


Wo der Ausgleich auf Dauer nicht möglich ist, da ist die Beziehung zum Scheitern verurteilt.


Vielleicht ist das der Grund, warum viele Menschen im Alter vereinsamen:

Sie können ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, können den Ausgleich nicht mehr leisten und verzichten deshalb lieber freiwillig auf menschliche Zuwendung, Hilfe etc.


Wie oft bin ich mit meiner Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit auf Worte gestoßen wie:

„Das kann ich nicht annehmen“

„Wie kann ich mich dafür revanchieren?“

„Oh das ist zu viel!“


Bei den Menschen, die mir am liebsten sind, wie z.B. meinen Eltern musste ich sogar erleben, dass sie meine Hilfe, meine Großzügigkeit einfach nicht annahmen. Es war zu viel.

Sie hätten sich nicht revanchieren können oder wollen. Auch das ist möglich. Nicht anzunehmen, weil man nicht zur Gegenleistung bereit ist.


Auf Dauer können Beziehungen, in denen das Geben und Nehmen nicht gleichmäßig verteilt ist, nicht bestehen bleiben.

Mein Vater hatte Recht, es entstehen Schuldgefühle, die auf Dauer zu belastend werden und deshalb die Beziehung zerstören.

Bert Hellinger. der Begründer der Familienaufstellung hat deshalb festgestellt:


Wer zu viel gibt, muss gehen.


Allerdings verhindert diese Lebenshaltung auch die Chance, auf Dauer die Geschenke des Lebens wahrzunehmen und anzunehmen.


Denn sie erschafft Überzeugungen wie:

„Man bekommt im Leben nichts geschenkt.“

„Geben ist besser denn Nehmen.“

„Ohne Fleiß kein Preis.“

„Wenn ich von anderen zu viel nehme, stehe ich in deren Schuld.“

„Wer hat, dem wird gegeben.“


Es scheint eine Lebenserfahrung zu sein, dass sich Nehmen und Geben immer die Waage halten müssen.


Aber ich würde hier nicht darüber schreiben, wenn ich nicht noch etwas Neues dazu zu sagen hätte.


Neues Bewusstsein braucht das Annehmen!!


Neues Bewusstsein ist Annehmen!!!


Niemals wirst Du den Himmel auf Erden erfahren können, wenn Du nicht bereit bist anzunehmen.

Deshalb vielleicht der Satz von Jesus:

„Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder.“

Denn die Kinder können noch annehmen.

Die Kinder können sich noch an den Geschenken des Lebens erfreuen.

Die Kinder glauben noch daran, dass alles für sie da ist, dass sie nur anzunehmen brauchen.


Erst durch unsere Erziehung und durch unser Vorbild trainieren wir ihnen diesen Glauben, diese Lebenshaltung ab.


Um das Erwachen zu meistern, um im Neuen Bewusstsein leben zu können, ist es wichtig, diese alten Regeln vom Geben und Nehmen loszulassen.

Diese alten Überzeugungen halten uns in der Schuld gefangen. In einer Schuld, die nur existieren kann, weil wir an sie glauben.

Man sieht jetzt bei den Griechen, dass die Schuldknechtschaft endet, wenn sich der Schuldner aus seiner Schuld befreit, indem er seine Schuld einfach nicht mehr anerkennt.

Wenn es niemanden mehr gibt, der die Schuld auf sich nimmt, kann es keine Schuld mehr geben.

Die Gläubiger, die ja selbst, wie der Begriff sagt, nur an die Schuld glauben, spielen bei diesem Spiel eine untergeordnete Rolle. Sie sind immer vom Schuldanerkenntnis der Schuldner abhängig.


Wo es die Anerkennung der Schuld von Seiten des Schuldners nicht gibt, kann es auch keine Schuld geben.


Beim Übergang ins Neue Bewusstsein geht es darum, bewusst anzunehmen.


Es ist alles für uns da!

Bist du bereit anzunehmen?


Wenn alles da ist, dann kann beim Annehmen auch keine Schuld entstehen.


Als ich begriffen hatte, dass alles, was zu mir kommt, von mir, von meiner Seele stammt, da konnte ich viel leichter annehmen.


Alles Schöne, alles Gute, das zu mir kommt, ist ein Geschenk meiner Seele an mich. Ein Geschenk von mir für mich.


Die anderen Menschen spielen in diesem Spiel nur die Rolle der Überbringer, der Postboten oder Paketzusteller.

Es kommt durch die Menschen zu mir, es kommt durch sie aber nicht von ihnen.

Alles kommt von meiner Seele. Deshalb kann ich niemals in jemandes Schuld stehen.

Endlich ist das Annehmen möglich geworden.

Allerdings braucht es für das Annehmen eine bewusste Entscheidung,


Annehmen kannst Du nur bewusst.


Andernfalls gerätst Du leicht wieder in die alte Logik des Gebens und Nehmens, die auf Dauer alles Annehmen verhindert.

Bewusstes Annehmen bedeutet, zunächst einmal die Geschenke wahrzunehmen, die deine Seele für dich bereit hält.

Als nächstes geht es darum, diese Geschenke auch wirklich anzunehmen, denn das ist für einen Menschen nicht selbstverständlich. Nur mit deiner bewussten Entscheidung kannst du wirklich annehmen.

Sonst gerätst du leicht wieder in die Fänge deiner alten Glaubensmuster, die dir sagen, dass du das niemals wieder gut machen könntest, dass du es nicht wert bist, nicht verdient hast.


Es ist alles für dich da, bist Du bereit wahrzunehmen und dann anzunehmen?


Wer annehmen kann, bewusst und voller Freude,

der ist ein Geschenk für alle Menschen!


Mit dem Annehmen wird das Geben überflüssig. Es ist genug für alle da!

Das ist die Botschaft, die ein Mensch aussendet, der selbst annimmt.

Der muss von sich selbst nichts mehr hergeben, der strahlt sich einfach nur aus.


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